ZEITLEISTE
Die
auf den folgenden Seiten dargelegte Zeitleiste umfasst Erläuterungen
und Abbildungen, die mehreren Zielen dienen:
Zunächst bieten die kurzen Erläuterungen eine Zusammenfassung
zentraler Daten der Medizingeschichte. Diese historische Chronologie
ergibt sich zum einen angesichts der großen Zeitspanne,
der die medizinischen Bilder aus den Netscans entstammen. Zum
anderen dienen die Information dazu, um der Leserschaft Grunddaten
der Medizingeschichte zur Verfügung zu stellen. Die Auswahl
der hier präsentierten Daten orientiert sich an den zentralen
Begrifflichkeiten "Hülle" und "Container",
d.h., der historische Fokus liegt auf der besonderen Berücksichtigung
von Inszenierungstechniken und -praktiken des weiblichen Körpers.
Daher folgt auch die Auswahl der Abbildungen einem genderspezifischen
Blickwinkel: Wo immer medizinische Bilder beider Geschlechter
existieren, wird hier die weibliche "Variante" gewählt.
Daran wird sichtbar, wie ungewöhnlich eine Schreibung von
Medizingeschichte erscheint, wenn sie sich nicht am männlichen
Normkörper ausrichtet, sondern den weiblichen Körper
als Prototyp menschlicher Anatomie präsentiert.
Einige der Abbildungen in dieser Zeitleiste gehören zu den
später noch ausführlich analysierten Schlüsselbildern
des Projektes. Die Zeitleiste stellt somit einen sinnvollen Übergang
zur qualitativen Bildanalyse dar. Die kleinformatigen Abbildungen
werden hier noch gemeinsam vorgestellt und sind noch nicht, wie
bei den Schlüsselbildern, in die beiden Konstrukte Hülle
und Container aufgeteilt. In dieser Zeitleiste wird ganz bewusst
noch keine Zuordnung zu den Konstrukten vorgenommen, da sich erst
bei den Schlüsselbildern zeigen wird, zu welchem der beiden
Konstrukte die Abbildungen gehören - oder ob sie gegebenenfalls
keinem der beiden angehören.
1235 |
Gründung
der ersten Medizinschule in Salerno, Italien. Menschliche
werden Körper öffentlich seziert, und die
Anatomie als Lehre vom Bau der Lebewesen nimmt eine
wichtige Stellung innerhalb der Curricula ein.
|
|
1450 |
Mit
der Erfindung des Buchdrucks und der Herstellung von
Holzschnitten und Kupfergravuren, ist es möglich,
frühe anatomische Abbildungen zu vervielfältigen.
Diese Illustrationen gehen einher mit Erörterungen
zu Astrologie, Alchemie und Theologie. Sie erscheinen
in Handbüchern, Almanachen, Enzyklopädien
und philosophischen Traktaten. |
|
|
1490 |
Das
Anatomische Theater öffnet in Padua, Italien. Dort
wohnen Interessierte (Medizinstudenten, Gelehrte, Künstler
und Laien) öffentlichen Lektionen zur Anatomie
bei. Ein Professor liest Schriften aus lateinischen
Lehrbüchern vor, ein Barbier zerteilt die Leiche,
und ein Prosektor zeigt dem Publikum die Leichenteile.
Ziel des Anatomischen Theaters ist es, die Rolle der
Anatomie als Wissenschaft zu stärken. |
 |
|
1515 |
LEONARDO
DA VINCI seziert über 30 Männer- und Frauenleichen
für anatomische, physiologische und morphologische
Forschungen. Er entwickelt eine Zeichentechnik, bei
der er Details plastisch aus verschiedenen Blickwinkeln
wiedergibt. Auf mehr als 200 Zeichnungen gelingt DA
VINCI ein hoher Grad von anatomischer Exaktheit, die
äußere Körperformen mit dem Ausdruck
von Gefühlen verbindet. |
 |
|
1543 |
Das
erste Anatomie-Buch De humani corporis fabrica wird
von ANDREAS VESALIUS veröffentlicht. Es umfasst
600 Seiten und ist und reich bebildert mit Holzschnitten,
die von Künstlern der Werkstatt Tizians stammen.
VESALIUS macht die Anatomie zur Wissenschaft, indem
er nicht als Anatom erstmalig selbst seziert, anstatt
währenddessen nur aus Lehrbüchern vorzulesen.
Er lehrt an der Universität Padua, die u.a. durch
öffentliche Sezierungen zum Mekka der Mediziner
wird. |
 |
1545 |
CHARLES
ESTIENNE veröffentlicht mit De dissectione partium
corporis ebenfalls ein üppiges Anatomie-Buch. Um
die Druckkosten gering zu halten, nimmt ESTIENNE dabei
zahlreiche seiner Illustrationen aus nicht-anatomischen
Büchern und ersetzt die Mitte des Holzblocks durch
einen Schnitt in das Körperinnere. |
 |
|
1500-
1700
|
In
Frankreich, Deutschland und Italien werden Manikins
hergestellt: Kleine Elfenbeinfiguren mit beweglichen
Armen, bei denen Oberkörper und Unterleib aufgedeckt
werden können, um den Blick auf den inneren Körper
Organe freizugeben. Manikins dienen als frühe anatomische
Demonstrations- und Schauobjekte. |
 |
|
1773 |
Großformatige
Anatomie-Atlanten erfahren ihren Höhepunkt, die
durch ihr gigantisches Format, die Fülle und Exaktheit
der Illustrationen, ihre teure Herstellung sowie thematische
Spezialisierungen charakterisiert sind. JACQUES FABIEN
GAUTIER D’AGOTY benutzt bei seinem Atlas Anatomie
des parties de la génération de l’homme
et de la femme einen aufwendigen Mehrfarbendruck, mit
dem er in Lebensgröße ausklappbare Ganzkörperfiguren
präsentiert. |
 |
1774 |
Ein
weiterer Atlas, der anatomische Standards setzt, ist
WILLIAM HUNTERs The Anatomy of the Human Gravid Uterus.
Nach dem Modell von speziell präparierten weiblichen
Leichen, illustriert HUNTER in seinem Atlas die späte
Schwangerschaft. Mit äußerst klaren Konturen
zeichnen sich brutale Körperfragmentierungen ab,
die arstellungskonventionen des damaligen Naturalismus
entsprechen. |
 |
|
1782 |
Im
Rahmen seiner Zusammenarbeit mit bekannten italienischen
Anatomen, bei denen zahlreiche Wachsmodelle nach dem
Abdruck von Leichen hergestellt werden, fertigt CLEMENTE
SUSINI "Die Venus, die auseinander genommen werden
kann". Er stellt die Venus aus Wachs im Museum
LA SPECULA (einem frühen Körper- und Naturgeschichtemuseum)
in Florenz aus. Sie besitzt herausnehmbare Eingeweide
und ist kostspielig und fragil. Dabei lehnt sich die
Venus aus Wachs an kunsthistorische Vorbilder an und
kombiniert medizinische Anschaulichkeit mit erotischer
Schaulust. |
 |
|
1826 |
CARL
ERNST VON BAER entdeckt die Eizelle, in deren Zellkern
die gesamte, für die Ausbildung des späteren
Organismus notwendige Information gespeichert ist. Die
Entdeckung der Eizelle widerlegt die bis dahin gängige
Ansicht, wonach die Frau lediglich ein Gefäß
für das werdende Leben sei und der Spermienkopf
bereits den vollständigen Menschen enthalte. |
 |
|
1827 |
LOUIS
THOMAS JERÔME AUZOUX macht anatomische Pappmaché-Modelle
populär, die er zuerst in der Medizinakademie in
Paris ausstellt. AUZOUX eröffnet eine Manufaktur
für menschliche, tierische und botanische Modelle.
Im Vergleich zu anatomischen Wachsmodellen, sind die
Pappmaché-Artefakte leichter herstellbar, kostengünstig
und robuster. Zudem lassen sich einzelne Sektionen der
Modelle bewegen, was die Öffnung von realen Körpern
ersetzt und so den Anatomie-Unterricht erleichtert.
|
 |
|
1920 |
Anfang
des 20. Jahrhunderts, bewegt sich das Anatomie-Studium
weg von der Domäne für Medizin-Studenten und
–Doktoren. Schulkinder lernen durch das Spiel
mit mehrschichtigen Papierfiguren die männliche
und weibliche Anatomie mit den Systemen von Skelett,
Nerven und Blutkreislauf kennen. |
 |
1950-1960 |
Preiswerte
Kits (Anatomie-Modelle aus Plastik) werden populär
und dienen in der Schule, im privaten Haushalt und der
Universität zur anatomischen Betrachtung. Die Modelle
sind leicht auseinander nehmbar und können bemalt
werden. Während in Europa Kits mit Genitalien vertrieben
werden, fehlen diese in amerikanischen Bausätzen. |
 |
|
1962 |
Der
erste Einsatz der Mammographie (Darstellung der weiblichen
Brust durch ein Screening) wird ausgeführt. Die
Mammographie ist die Röntgenaufnahme der weiblichen
Brust, die in drei Ebenen und beidseitig erfolgt und
so einen Vergleich von individuellen und krankhaften
Formabweichungen ermöglicht. Bei der Xero-Mammographie
wird anstelle des Röntgenfilms eine selenbeschichtete
Aluminiumplatte eingesetzt und so eine bessere Hervorhebung
von Konturen ermöglicht. |
 |
1965 |
Bei
der Ultraschalldiagnostik bzw. der Sonographie (lat.
Sonus = Ton) werden mechanische Schwingungen und Wellen
oberhalb der menschlichen Hörgrenze eingesetzt,
um Körperstrukturen unterschiedlicher Dichte sichtbar
zu machen. Gewebestrukturen, innere Organe und Bewegungen
im Körper können so visualisiert werden. Ultraschallkontrollen
erfahren breite Anwendung in der Frühschwangerschaft
und der Geburtshilfe. |
 |
|
1977 |
Die
ersten Querschnittsbilder des menschlichen Körpers
werden ohne Strahlenrisiko durch Kernspin-Tomographie
bzw. MRT (magnetic resonance tomography) erstellt. Im
starken Magnetfeld des Kernspins entstehen Resonanzsignale,
die mittels Computer Schichtbilder (MRI = magnetic resonance
imaging) liefern. Eine schnelle Bildanalyse von Gehirn
und Rückenmark, Knochen und Gelenken, Herz und
Gefäßen, inneren Organen sowie Weichgewebe
einschließlich der weiblichen Brust ist durch
MRT möglich. |
 |
|
1989 |
Die
NATIONAL LIBRARY OF MEDICINE (Bethesda, USA) beginnt
mit der Planung für das Visible Human Project.
Ziel ist die Erstellung eines universell anerkannten
digitalen Bildersets des kompletten menschlichen Körpers
zu Lehr- und Forschungszwecken. Dazu werden ein männlicher
und ein weiblicher Leichnam – tiefgefroren in
blauer Gelatine – mittels CT (Computertomographie,
1972 entwickelt) und MRI gescannt. Danach werden dünne
Gewebeschichten der Körper im Querschnitt erstellt
und digital abfotografiert. Die so entstehenden, umfangreichen
Daten können am Computer betrachtet werden und
stehen zur Navigation bereit. In der NATIONAL LIBRARY
OF MEDICINE’S Collection existieren daher The
Visible Human Plexi-Books, und zudem sind einige der
Datensätze auf CD-Rom erhältlich. |
 |
1994
1995 |
Visible
Man: Ein 39-jähriger Mann, der in Texas hingerichtet
wurde
Visible
Woman: Eine 59-jährige Hausfrau, die an einer
Herzkrankheit starb |
 |
|
1992 |
In
Deutschland wird die Plastische Chirurgie seit dem Deutschen
Ärztetag ein eigenes, anerkanntes Fachgebiet. Neben
der Handchirurgie, der Verbrennungschirurgie und der
Rekonstruktiven Chirurgie gibt es die Kosmetische bzw.
Ästhetische Chirurgie. Letztere bezeichnet operative
Eingriffe, bei denen störendes Gewebe entfernt
wird, um eine bestimmte Form zu erreichen. Die verbreitesten
Eingriffe sind das Facelifting, die Fettabsaugung, die
Brustveränderung und das Bleaching. (s.u.) |
 |
1990er |
Das
Facelifting bezeichnet die kosmetische Gesichtsoperation
zur Beseitigung von altersbedingten Hautfalten. Damit
soll der Erschlaffung der Gesichthaut und zunehmender
Faltenbildung als dem auffälligsten, äußerlichen
Merkmal des Alterns entgegengewirkt werden Es kommt
zur Unterfütterung der Falten mit Füllstoffen
wie Kollagen, Botox u.ä. Beim Facelifting entwickeln
sich Techniken wie das Composite-Facelift, das Deep-Plane-Facelift
oder die Thermage. |
 |
|
1990er |
Die
Fettabsaugung (Liposuktion) ist der weltweit am häufigsten
durchgeführte ästhetisch-operative Eingriff.
Dabei werden Fettdepots verkleinert und asymmetrische
Körperpartien ausgeglichen. Bei Frauen geschehen
Fettabsaugungen vorwiegend an Oberschenkeln, Po, Hüften,
Knie und Bauch. Praktiziert werden die Tumeszenztechnik
(Auflockerung des Fettgewebes), die Mikrokanülentechnik
(feinste Saugkanüle) und die Liposculpture (gleichmäßige
Absaugung des Unterhaut-Fettgewebes). |
 |
1990er |
Die
Mammaplastik, ein Verfahren zur Wiederherstellung der
natürlichen Brustform oder zur kosmetischen Korrektur,
findet weltweite Verbreitung. Das Brustgewebe wird häufig
durch die Transplantation von körpereigenem Fettgewebe
oder durch das Einpflanzen von Silikonimplantaten modelliert.
War die Mammaplastik zuvor vor allem Prominenten vorbehalten,
findet sie nun massenhaften Einsatz oft auch schon bei
Jugendlichen. Zentrale Eingriffe sind Brustvergrösserung,
Brustverkleinerung und Bruststraffung. |
 |
1990er |
Das
Bleaching ist ein kosmetisches Verfahren zur Aufhellung
natürlicher Zähne durch aktiven Sauerstoff.
Dieser entfärbt die störenden Farbpigmente
im Zahn, lässt Zahnschmelz und Dentin aber unverändert
in ihrer Substanz. Zusätzlich zum Bleaching werden
Veneers (Kunststoffaufsätze) auf alle Zähne
angebracht, um einen ebenmäßigen Eindruck
des Gebisses zu erreichen. |
 |
|
2004 |
Die
Schönheits-Operationsserie I Want A Famous Face
wird im Juli 2004 bei MTV-DEUTSCHLAND gesendet. Die
Original-Serie lief 2003 im US-Fernsehen, und auch die
erste Staffel in Deutschland läuft mit amerikanischen
Kandidaten ab. In der TV-Serie, die ihren Casting-Aufruf
im Internet startet, lassen sich Jugendliche ihr Gesicht
und ihren Körper nach dem Vorbild von prominenten
Stars operieren (Britney Spears, Pamela Anderson, Elvis
Presley usw.). MTV betont, dass die Kandidaten sich
selbständig und ohne finanzielle Unterstützung
durch den Sender zu den Operationen entschlossen haben. |
 |
2004 |
Die
Schönheits-Operations-Show The Swan – Endlich
schön! wird von Oktober bis Dezember 2004 in acht
Folgen auf PRO7 ausgestrahlt. Nach dem Vorbild des 2003
in den USA gesendeten Originals, treten sechzehn deutsche
Kandidatinnen gegeneinander an, um von einer Jury und
den Zuschauern zum erfolgreichsten "Swan"
gewählt zu werden. Ein Coaching-Team von plastisch-ästhetischen
Chirurgen, Fitnesstrainern und Ernährungsberatern
begleitet die sechzehn Frauen. Parallel zur TV- Serie
erscheinen Fotos und Videos aller Kandidatinnen im Internet.
|
 |
|
|