Konstruktion - Repräsentation - Reproduktion

Eine Besonderheit des Computerspiels No One Lives Forever ist, dass dessen Hauptdarstellerin das Ebenbild eines real existierenden Fotomodels sein soll. Das heißt CATE ARCHER ist der Avatar von Mitzi Martin. (Abb.)
Adäquat der Besetzung eines Spielfilms wurde die Protagonistin des Spiels NO ONE LIVES FOREVER, das Elite-Model Mitzi Martin, in einem internationalen Casting als Vorlage für Cate Archer ausgewählt. Sie erfüllte die Anforderungen nach "beauty, strength and sex appeal". Eigenschaften, die die Protagonistin des Spiels auszeichnen sollten. Martin hatte bereits für L'Oreal, Maybelline and Lubriderm gemodelt und mit Photographen wie Herb Ritts, Patrick DeMarchellier und Mathew Rolston gearbeitet1.
Spannend ist diese Konstruktion im Vergleich zur Figur Lara Croft. Gerade für Deuber-Mankowsky konstituiert sich die virtuelle Lara Croft im Verhältnis zu ihren Verkörperungen durch Models als Traumfrau: "Tatsächlich hatte die 'Verlebendigung' von Lara Croft eine Verkehrung des Verhältnisses von Original und Kopie bzw. Vorbild und Abbild zur Folge. Die realen Körper wurden in einer perversen Weise zu bloßen Abbildern, die das vermeintliche Original - die Traumfrau - nie erreichen konnten." 2
Die virtuelle weibliche Konstruktion kann und darf nicht von einer wirklichen Frau repräsentiert werden, sondern es gibt nur Stellvertreterinnen für die das Phänomen Lara die Folie darstellt. Neben der virtuellen und nicht verkörperbaren Traumfrau Lara Croft würde also Mitzi Martin alias Cate Archer eine Nische besetzen: denn sie repräsentiert digitalisierte lebendige Körperlichkeit: "Her cleavage is emphasized, but not to the point where you wonder how she walks upright, and Cate's curves are womanly: she's got the hips to match."3
Nicht zuletzt aus diesem Grund verkörpert sie für die WomenGamers im Gegensatz zu Lara Croft eine durch und durch positive Heldin. Auch Lara hat die Grundanlagen zu einem positiven Modell: "With tantalizing british accent, Lara is tough, beautiful, intelligent, and physically-fit with a killer-instinct. [...] However , she has been aggressively marketed as a sex symbol , which has turned off many female gamers. " 4

Auslegung von Konstruktionen, Rezeptionsverhalten und Fanproduktivität

Durch bildnerische Fanproduktionen wird die Konstruktion weiblicher Repräsentationen als Objekte (männlicher) Begierde besonders augenfällig. Es finden sich verschiedenste Spielarten der Bearbeitung von Bild- und Ideenvorlagen aus den Spielen. Deren Spannbreite liegt zwischen Darstellungen von erotischen Posen, übersteigerten Sexualmerkmalen in Verbindung mit Gewaltdarstellungen bis hin zu phantasie- und ausdrucksvollen Produktionen, die sich kreativ mit den Grundideen des Games beschäftigen. Zu beobachten ist: je expliziter die Konstruktion der Protagonistin auf Voyeurismus abzielt, desto stärker werden die Heldinnen innerhalb der bildnerische Fanproduktionen eben in genau diese Richtung rezipiert.5

Auffällig ist weiterhin die "2-click-away-Positionierung" von Reportagen über weibliche Protagonistinnen von PC-Games zu "Soft-Porno-Seiten" oder im Internet. Der Artikel "Computerspiele. Die starken Frauen kommen"6 führt als Teaser zu "Soft-Porno-Seiten".
Es gibt jedoch auch Protagonistinnen, die in ihrer Anlage zu sperrig sind, um diese pornographische Verwertung zu bedienen. Beispiel hierfür ist die Protagonistin Alice.7 Kreative Fan-Produktionen zu Alice gibt es in der Form von Gedichten8 ,Alice Skins'9 und auch bildnerischen Gestaltungen wie Zeichnungen und Malerei. (Auswahl)

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