Virtuelle Idole

Das Phänomen virtueller Idole ist ein relativ junges, da es mit dem massenhaften Einsatz digitaler Medien wie PC und Internet einhergeht. Die am Computer programmierten, digitalen Kunstfiguren fallen unter den Begriff der Avatare, was die Konstruktion spezieller Netzpersönlichkeiten zu kommerziellen Zwecken meint. Der Begriff Avatar bezeichnet im Buddhismus ursprünglich Götter, die unter den Menschen leben. Er wurde 1980 von amerikanischen Programmierern für die menschenähnlichen Figuren in Simulationsspielen verwendet, d.h., die virtuellen Wesen sollen Verhalten und Aussehen von Menschen aufweisen. Mitte der 90er Jahre ist die Computertechnologie so vorangeschritten, dass virtuelle Kunstfiguren interaktiv und unter dem Eindruck von Echtzeit mit den Nutzern interagieren können. Dies löste einen Boom an virtuellen Idolen aus, und einige von ihnen erlangten einen hohen Marktwert und den Status eines Stars. Und ebenso wie bereits bei den Anfängen des Film-Starkultes bemerkte auch die Computerindustrie schnell, dass die Fans nach einer scheinbar authentischen Biographie voller Dramatik verlangen. So wie seit 1914 in Ausweitung der sogenannten Picture Personalities in der Filmindustrie das Image eines Stars aufgebaut wurde, wird analog bei der Entwicklung der digitalen Stars eine persönliche Biographie konstruiert, die die Vorlieben und Fähigkeiten der Figur wiedergeben. Doch ebenso wie menschliche Eigenschaften des Stars dem Fan Nähe und Identifizierungsmöglichkeit bieten sollen, muss gleichzeitig die Einzigartigkeit des Idols garantiert und damit auch ein Distanzierungsmechanismus vorhanden sein. Dies geschieht durch eine offene Form der Biographie:
„Dabei handelt es sich um die Tatsache, dass das Image eines Stars nie komplett und geschlossen sein darf, um im Publikum stets die Neugier und den Drang nach zusätzlichem Wissen geweckt zu lassen. Das Bedürfnis, mehr über den `persönlichen´ Star zu erfahren und einen scheinbar vollständigerem Eindruck von seinem Wesen zu gewinnen, ihn sogar zu kennen, findet seinen Ausdruck sowohl im wiederholten Ansehen eines Films, als auch in der Vermehrung von Wissen über die private Seite des Darstellers, die durch Presseberichte, Fotos, Merchandising- Promotionartikel genährt werden kann.“1

Diese kommerzielle Einsatzmöglichkeit ist wiederum bei virtuellen Stars ungleich flexibler, da digitale Avatare für die Konsumindustrie die ideale Arbeitskraft darstellen: sie sind nie krank, noch altern oder sterben sie unbeabsichtigt und erheben auch keine individuellen Forderungen wie viele menschliche Stars. Zudem lassen sie sich problemlos auf aktuelle Trends hin variabel programmieren und besitzen eine hohe Adaptionsfähigkeit für kulturell unterschiedliche Märkte. Die Vermarktung in diversen Parallelmedien (Internet, Film, TV, Print etc. ) bietet sich angesichts der fortschreitenden Digitalisierung daher förmlich an. Deswegen nehmen die Herstellerfirmen virtueller Figuren hohe Produktionskosten in Kauf, da sich im Falle eines Erfolges schnell ein lukratives Geschäft ergeben kann.

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